Bericht von Carl Venzmer, Freiwilliger über das Weltwärts-Programm bei BSPW, September 2013

Die Arbeit als Freiwilliger bei BSPW ist sehr vielfältig. Ich bin jetzt bereits anderthalb Monate in Jinja und freue mich bei BSPW arbeiten zu können. In der Anfangszeit habe ich viel Zeit mit John, dem Chefmechaniker, in der Werkstatt verbracht. Mir wurde mit viel Geduld beigebracht, wie ich ein Fahrrad aus indischer Produktion, zerlegt in die winzigsten Einzelteile, wieder zusammensetzen und für die nächste Fahrradvergabe vorbereiten kann. Langsam aber sicher mache ich auch Fortschritte, dank Johns Hilfe.

Nach nur etwa 3 Wochen nahm mich Kaymbadde Edwards das erste Mal mit auf einen Field Trip und zwar in die Region Kayunga, einem Distrikt in Zentraluganda, wo wir in einem kleinen Dorf ein neues Projekt besuchten. Wir versammelten uns zusammen mit der Dorfbevölkerung in der kleinen Kirche und Kyambadde stellte BSPW und seine Konzepte vor. In diesen drei Stunden, in denen er den Leuten auf Luganda erklärte, worum es bei diesem Projekt geht, fühlte ich mich etwas fehl am Platz, da ich weder das komplette Luganda verstanden hab noch viele Ahnung von den Projekten hatte; wie gesagt, es war erst meine dritte Woche. Ich denke, meine Anwesenheit bei diesem neuen Projekt war wie ein Symbol für Seriösität. Dass wir dieses Dörfchen nur einen Monat später wieder besuchen würden, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.

Bereits am nächsten Tag stand eine weitere Reise in das westliche Uganda auf dem Programm. Ziel war das Heimatdorf von John, weshalb auch er auch dabei war, und Zweck der Reise war die Verteilung von 3 Tricycles an bedürftige Familien. Der gemietete Pick-Up wurde beladen und wir brachen gegen 11 Uhr morgens auf. Die erste Familie erhielt ein Tricycle, da der Vater der Familie nicht laufen konnte. Voller Freude nahm er es entgegen und probierte es aus.

Die nächsten Empfänger waren gar nicht weit weg, doch wir wussten nicht wo genau sie wohnten. Also erklärte sich der Familienvater bereit uns bis zur anderen Familie zu begleiten. Dort waren in einer einzigen Großfamilie, die aus mindestens 13 Kindern bestand, sogar zwei Jugendliche, die ein Tricycle benötigten. Doch dann wurde es etwas tragisch: Das eine Gefährt war für das Mädchen, das es empfangen sollte, zu klein, so dass sie ohne die Hilfe anderer nicht alleine in das Tricycle gelangen konnte. Da es auf diese Weise keinen Sinn macht – das Tricycle soll ja vor allem Unabhängigkeit und Flexibiltät ermöglich, zwei Eigenschaften, die Gehbehinderten normalerweise fremd sind, mussten wir das Tricycle wieder mit uns nehmen. Das war sehr traurig, denn für das Mädchen ist in diesem Augenblick eine ganze Welt zusammengebrochen. Auf dem Rückweg nach Jinja hielten wir in der nächstgrößeren Stadt noch einmal an. Kyambadde stieg aus und lief mit mir durch die „Einkaufsstraßen“ bis er vor einem Schuhladen ein Tricycle fand. Er meinte zu mir, dass auch andere Leute das übriggebliebene Tricycle gut gebrauchen könnten und so fragte er im Laden nach dem Gehbehinderten, dem das Gefährt draußen gehöre. Es stellte sich heraus, dass in diesem Laden nicht nur ein, sondern sogar zwei Gehbehinderte arbeiteten, die sich das, übrigens sehr alte, Tricycle für den Arbeitsweg teilten!
Überglücklich nahmen sie unser Angebot an und so wurden wir auch noch unser drittes, unfreiwillig übriges, Tricycle los.

Es hatte auch noch etwas sehr Gutes, dass wir diese Leute trafen: Ihr altes Tricycle war nämlich anderer Bauart als die typischen BSPW-Gefährte. Wir sahen, dass es das Mädchen auf dem Dorf mir dieser Art von Tricycle bedeutend einfacher hätte, einzusteigen. Und so machten wir ein paar Fotos und wollen demnächst einen Prototypen des neuen Modells in der BSPW-Werkstatt für das Mädchen auf dem Dorf nachbauen.

Nach den beiden Fieldtrips setzte ich meine Arbeit in der Werkstatt fort und half Kyambadde mit der Verfassung von Dankesbriefen für gesponserte Fahrräder nach Deutschland im Office.
Außerdem erstellte ich eine Art Schulung, eine Präsentation über Hühnerhaltung. In diesem Fall extra angepasst an die Bedingungen in Entwicklungsländern wie Uganda. Ich sollte nämlich zu unserem Besuch in Kayunga eine Schulung abhalten, wie Pauline es ehemals gemacht hat.

Insgesamt ist die Arbeit äußerst abwechslungsreich und macht mir sehr viel Spaß.

Am 10. September fuhr dann ein großer LKW auf den Hof bei BSPW und wurde mit 37 Fahrrädern beladen. Ein paar Tage zuvor war der Gemeindevorsitzende des Dörfchens in Kayunga öfter bei BSPW gewesen um Organisatorisches abzuklären und den Eigenbeitrag der Leute, bis zu 100.000 UGX pro Fahrrad – je nachdem wie die finanziellen Verhältnisse sind – zu bezahlen. Wir setzten uns also in den LKW und kamen drei Stunden später wieder in der vorhin bereits erwähnten Kirche an. Ich hielt meine Schulung über Hühnerhaltung ab, was sich als sehr interessant herausstellte. Ich beherrsche nur sehr wenig Luganda und die Leute auf dem Dorf konnten kein Englisch. Deshalb musste Kyambadde meine Sätze übersetzen, was ich als eine doch sehr ungewöhnliche Art des Vortragens empfand.
Trotzdem fanden die Leute den Input gut, es wurden sehr viele Dankesreden geschwungen, Kyambadde redete weitere drei Stunden über den Umgang mit den neuen Fahrrädern und zum Abschluss gab es noch Essen für alle.
Als wir gegen 18.00 Uhr mit dem offiziellen Teil fertig waren, stellten sich alle 37 Leute mit den neuen Rädern zur Registration der Rahmennummer und zum Foto schießen nebeneinander auf.
Es begann bereits zu dämmern, als wir uns endgültig auf den Heimweg machten. Doch ganz so einfach ist es nicht, beladen mit Unmengen von geschenktem Obst, sogar einem lebenden Hahn, in einem kleinen Dorf ein Boda-Boda nach Kayunga und dann ein Taxi nach Hause zu finden.

Nach diesem Projekt pendele ich wieder zwischen verschiedenen Arbeiten in der Werkstatt und ein paar Office-Arbeiten hin und her. In meinen bisher anderthalb Monaten hier macht mir die Arbeit super viel Spaß, ich habe das Gefühl etwas Gutes und das Richtige zu tun. Die Arbeit von BSPW und letztendlich auch Jugendhilfe Ostafrika kommt genau da an, wo sie ankommen muss. Und das ist ein sehr schönes Gefühl.

2 Gedanken zu „Bericht von Carl Venzmer, Freiwilliger über das Weltwärts-Programm bei BSPW, September 2013

  1. Hallo,
    Könnte ich bitte einen Flyer über das Fahrradpatenschaftsprojekt bekommen?
    Ich würde ihn dann auf unserem Konzert am 20.12.13 verteilen wollen, das wahrscheinlich zu Euren Gunsten stattfinden soll.

    Außerdem würde ich mich freuen, zu erfahren, wo man sich über Weltwärts bewerben sollte, um im BSPW ein Jahr als Freiwillige mitarbeiten zu können. Meine Tochter hat’s nicht gefunden. Wir sind schon seit ca. 20 Jahren regelmäßige Spender von Fahrrädern und fänden es klasse, einen noch persönlicheren Einblick in das Projekt zu bekommen.
    Viele Grüße
    Ulrike Nehls

    • Liebe Ulrike Nehls,

      gerne sende ich die Flyer zu!
      Die Entsendung über weltwärts organisiert Frank Lüschow von der Organisation „solivol“ in Glücksburg (www.solivol.org).
      Frank war früher selbst Volunteer bei BSPW und organisiert mittlerweile die Entsendung von Freiwilligen in diverse kleine Projekte in Ostafrika, vor allem Uganda. Bitte wendet euch direkt an ihn. Wäre ja super wenn das klappen würde.

      Viele Grüße
      Eva Rudolph

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